Agentur im Ausdauerlauf
Warum „weiter so“ kein Plan ist – und was es jetzt wirklich braucht.
Es ist 2025. Und das Agenturleben fühlt sich für viele nicht wie eine Karriere, sondern wie ein Hochleistungssport ohne Erholungsphase an. Zwischen Dauerpitch und Personalabbau, Transformationsdruck und Kund:innenbedürfnissen. Zwischen Relevanzangst und wirtschaftlicher Schieflage. Der Markt konsolidiert. Budgets stagnieren oder verschwinden. Gleichzeitig steigen die Anforderungen: Schneller. Digitaler. Günstiger. Und bitte mit Purpose, Exzellenz und Storytelling in drei Sekunden. Teams reagieren – mit Anpassung, Agilität, Erschöpfung. Die Frage ist nur: Wie lange noch?


Der neue Normalzustand heißt:
Überforderung
Viele Agenturmitarbeitende bewegen sich im permanenten Spagat. Zwischen kurzfristigen Timings und langfristiger Strategie. Zwischen internem Umbau und externem Druck. Zwischen ihrer Leidenschaft – und der Realität, dass dieser Beruf sie auf Dauer krank machen kann.
Wir sehen:
- Pitchprozesse in Endlosschleife – für die, die überhaupt noch bis zur Einladung kommen.
- Stellenabbau oder Kurzarbeit, weil die Zahlen nicht mehr mitspielen – und parallel der Druck, intern umzuschulen oder neue Kolleg:innen zu finden, die KI verstehen, digitale Geschäftsmodelle mitdenken und Wandel aktiv gestalten.
- Teams, die funktionieren müssen, obwohl klar ist, dass „funktionieren“ allein keine nachhaltige Strategie ist.
Und gleichzeitig: So viele Talente, die mehr wollen.
Mehr Wirksamkeit. Mehr Mitgestaltung. Mehr Menschlichkeit.
Nicht als Bonus – sondern als Voraussetzung, um zu bleiben.
Die gläserne Decke der Belastbarkeit
Es wird Zeit, ehrlich hinzuschauen: Viele Agenturen arbeiten strukturell am Limit – oder längst darüber hinaus. Und ja, sie produzieren weiter. Aber der Preis ist hoch.
Denn Burnout kostet uns auf allen Ebenen viel. Systemische Erschöpfung trägt kein Logo. Aber sie zeigt sich überall:
- in hoher Fluktuation,
- in Projektteams, die nur noch reaktiv agieren,
- in einem Innovationsvakuum,
- in der leisen inneren Kündigung vieler Kolleg:innen.
Gesundheit ist längst nicht mehr nur ein HR-Thema. Sie ist ein strategischer Faktor – für Zukunftsfähigkeit, Attraktivität und Relevanz.
Zwischen Purpose und Profit: Was trägt wirklich?
Die Agenturwelt hat ein Wahrnehmungsproblem. Nach außen glänzt sie oft mit Awards, Kampagnen, Inszenierung. Nach innen kämpft sie mit Überlastung, Unsicherheit und strukturellen Fragen, die zu lange aufgeschoben wurden. Denn wer heute in der Branche bestehen will, braucht mehr als kreative Ideen. Es braucht:
- ein tragfähiges Geschäftsmodell, das Menschen mitdenkt,
- eine Führungskultur, die Verantwortung ernst nimmt,
- eine neue Ehrlichkeit, was realistisch leistbar ist – und was nicht.
Und vor allem: gute Gründe, warum man das alles eigentlich noch macht.
Die entscheidende Frage lautet nicht mehr: „Wie kreativ seid ihr?“
Sondern: „Wie gesund ist euer System?“ Wer sich heute neu aufstellt, sollte nicht nur fragen, welche Tools, Rollen oder Prozesse fehlen. Sondern auch:
- Welche Haltung vertreten wir?
- Welche Ressourcen geben wir unseren Mitarbeitenden – jenseits von Deadlines?
- Wie schaffen wir Räume, in denen Menschen nicht nur leisten, sondern wachsen können?
Und jetzt?
Die neue Realität lässt sich nicht mehr wegmoderieren. Sie ist da.Mit all ihren Widersprüchen, Spannungen – und Möglichkeiten. Die Frage ist nicht: „Wie lange können wir das noch mitmachen?“ Sondern: Was brauchen wir, um mutig voranzugehen?
Wer heute noch führen will – ob Projekt, Team oder Unternehmen – braucht den Willen, Systeme zu hinterfragen und neu zu bauen. Mit Fokus. Mit Menschlichkeit. Und mit echter Resilienz, die nicht auf individueller Selbstoptimierung beruht – sondern auf kollektiver Verantwortung.

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